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Chaquanmen

 

Das Chaquanmen ist ein traditioneller chinesischer Kampfkunststil. Er wird zur Kategorie der nordchinesischen Langfauststile gezählt, da er große, ausladende Bewegungen und viele Beintechniken bevorzugt. Eigentlich sollte man das Chaquanmen eher als ein System bezeichnen, da es sich aus mehreren Unterstilen zusammensetzt, welche alle dieselben stilistischen Charakteristiken aufweisen. Diese Unterstile sind Chaquan, Huaquan, Paoquan, Hongquan und Tuiquan. Das System bietet durch die verschiedenen Unterstile ein großes technisches Spektrum, welches für alle Kampfdistanzen und Kampfsituationen bestens geeignet ist. Techniken aus allen vier Technikkategorien (Treten, Schlagen, Werfen und Greifen/Halten) sind in großer Zahl vorhanden.

Das System Chaquanmen

Der ursprüngliche Stil setzte sich nur aus dem Chaquan und dem Huaquan zusammen. Das Chaquan wurde in den alten Schriften als „Shenfashi“ und das Huaquan als „Jiaziquan“ bezeichnet, bevor sie in die heute bekannten Namen umbenannt wurden. Aus diesen Zeiten stammt auch der Ausspruch: „…Chaquan und Huaquan gehören zu einer Schule, wer das Chaquan beherrscht, der beherrscht auch das Huaquan und umgekehrt…“ Erst später wurde der Stil dann mit den anderen Unterstilen zu dem heute bekannten System erweitert. Einer der bedeutendsten „Architekten“ des Chaquanmen war der in der Qiang – Dynastie lebende Sha Liang (1701 – 1747). Er war berühmt für seine außergewöhnlichen Beintechniken und wurde deshalb auch “Feijiao - fliegendes Bein“ genannt. Das Chaquanmen beinhaltet neben dem breiten Spektrum an Techniken auch eine große Anzahl an Formen, welche sich jeweils auf die verschiedensten Techniken und Manöver konzentrieren. Aus dem Chaquan sind alle zehn und aus dem Huaquan alle vier originalen Faustformen überliefert. Die anderen Unterstile sind nur noch teilweise erhalten. Heute kennt man nur noch vier Formen des Hongquan, drei Formen des Paoquan und zwei Formen des Tuiquan. Am bekanntesten und auch am weitesten verbreitet sind jedoch die 4. Form Chaquan und die Basisform „10 Bahnen Tantui“. Von der 4. Form des Chaquan behaupten einige Meister, dass sie die Urform des Stils gewesen sein soll, aus der sich dann alle restlichen Formen entwickelt haben. Zu dieser recht beachtlichen Anzahl an Faustformen kommen noch eine große Anzahl an Formen mit Waffen wie Säbel, Speer, Schwert, Stock, Hakenschwerter, kleine und große Hellebarde und andere, sowie verschiedene Partnerformen. Das Chaquanmen umfasst neben diesem großen technischen Spektrum, so wie bei allen traditionellen Stilen der chinesischen Kampfkunst auch, noch weitere Übungen und Praktiken zur Verbesserung physischer und mentaler Eigenschaften wie Kraft, Beweglichkeit, Energie, Gesundheit, Konzentration, Wahrnehmung, Wiederstandsfähigkeit etc. Diese werden gemeinhin als Gongfa bezeichnet. Einige dieser Übungen und Techniken sind weit verbreitet und auch in anderen Stilen zu finden, andere sind eher speziell und typisch für das Chaquanmen.

Der Ursprung

Über die Entstehung des Systems gibt es verschiedene Aussagen und Geschichten, welche sich zwar im Großen und Ganzen ähneln, sich jedoch in den Details wie z.B. der Entstehungszeit und den darin involvierten Personen stark unterscheiden. Daher ist es recht schwierig genaue Aussagen über die Herkunft des Chaquanmen zu treffen. Man vermutet, dass es aus alten persischen Kampftechniken entstanden ist, die im Laufe der Geschichte seit der Tang – Dynastie (618 – 719) von Einwanderern aus dem persisch/arabischen Raum nach China gebracht wurden. Dies erklärt auch die starke Verbindung des Chaquanmen mit der Volksgruppe der Huizu – den chinesischen Muslimen, welche die heute lebenden Nachfahren dieser Einwanderer sind. Aus diesem Grund wird das Chaquanmen auch des Öfteren als Jiaomen Changquan – islamische Langfaust oder religiöses Boxen bezeichnet. Den geschichtlichen Ursprung in China hatte das Chaquanmen in dem kleinen Ort Zhang Yin (früher Yi Li) etwas außerhalb der Stadt Guan, im Bezirk Liaocheng im Nordwesten der Provinz Shandong. Die bekannteste Entstehungsgeschichte wird in die Tang – Dynastie datiert. Sie ist sehr verbreitet und kennt zwei Gründer, Cha Mier und den jungen General Hua Zongqi. Nach ihnen soll dann später das Shenfashi und das Jiaziquan benannt worden sein. Eine andere Version der Geschichte ist in der Ming – Dynastie (1368 -1644) zur Zeit der Piratenüberfälle auf die chinesische Küste angesiedelt. In ihr gibt es allerdings nur einen Gründer, Cha Shangyi, dessen alter Name Cha Mier gewesen sein soll. In einer weiteren Geschichte, welche ebenfalls aus der Ming – Dynastie erzählt, wird noch eine dritte Person als Gründer erwähnt, ein gewisser Wu Dianzhang, über den es aber so gut wie keine Aufzeichnungen gibt. Leider kann an Hand der heute vorliegenden geschichtlichen Dokumente nicht eindeutig rekonstruiert werden wann und von wem das Chaquanmen wirklich begründet wurde. Belegen kann man nur die jüngere Geschichte.

Verschiedene Schulen des Chaquanmen

In der Qing – Dynastie (1644 – 1911), zurzeit der Qiang Long  - Periode (1735 – 1796) entwickelten sich in der Region um Guan und Rencheng (heute Jining) aus dem Originalstil drei technische Schulen. Die Zhang – Schule und die Yang – Schule im Landkreis Guan und die Li –Schule in Rencheng. Alle drei Schulen unterscheiden sich in technischen Details sowie in den Formen, ohne jedoch die ursprünglichen Charakteristiken des Stils zu verändern. Alle drei Schulen des Chaquanmen sind fast unverändert bis in unsere heutige Zeit überliefert und werden unterrichtet.
In der WuYi – Akademie wird die Zhang –Schule des Chaquanmen unterrichtet.

Berühmte Meister des Chaquanmen

Heute ist das Chaquanmen sehr beliebt und weit verbreitet. Viele berühmte Kampfkunstmeister des 20.Jahrhunderts waren und sind Meister des Chaquanmen wie z.B. Zhang Qiwei, Wang Ziping, Chang Zhenfang, Zhang Xitai, Zhang Ziying, Zhang Wenguang, He Fusheng, Pang Lintai usw.

Merkmale des Chaquanmen

Hauptmerkmale des Chaquanmen sind ästhetische, kraftvolle, kontinuierliche, klare und rhythmische Bewegungen. Die Techniken sind sehr explosiv und schnell. Es wird meist Cunjin (kurzer explosiver, sehr harter Kraftpunkt mit hoher Energieübertragung) am Ende der Technik verwendet. Die Energie wird sehr ökonomisch eingesetzt. Oft bereiten die öffnenden Handtechniken den Weg für kraftvolle Fußstöße und Beintechniken.

 

 

 

 

 

 

 

Großmeister Wang Ziping

*1881 - †1973

 

 

 

 

 

 

 

Großmeister Chang Zhenfang

*1898 - †1979

 

 

 

 

 

 

 

Laoshi Ronald Schmude